Lest hier von unseren ersten Eindrücken Chiles, wie wir Straßenhunde bemitleideten, schon wieder Schießereien mitbekamen (diesmal echte), das leckerste Steak und die übelste Pizza unseres Lebens aßen und von unseren unterschiedlichsten Begegnungen in der Hauptstadt Chiles.
Mexiko – Santiago und wieder eine Umstellung
Mit Aeromexico ging es für 8 Stunden mit dem Nachtflug nach Santiago de Chile. Unser Flugzeug muss wohl ein altes amerikanisches gewesen sein. Alle Hinweistafeln auf Englisch, superenge Sitze und man musste um jedes Wasser betteln, aber was will man für 300 Euro auf einem Langstreckenflug erwarten? In Santiago fuhren wir mit dem Flughafenbus in die Stadt und marschierten dann mit unserem Gepäck an die 1 ½ km bis zu unserem Hostel. Das hatte nur 15 Betten und war deshalb total familiär. Alle benutzten das gleiche Bad, abends traf man sich, wenn man Lust hatte, im Hinterhof auf einen Wein und morgens gab‘s Frühstück am Esstisch.
Den Wein erstanden wir beim Weinhändler unseres Vertrauens um die Ecke und es verging kein Abend wo wir uns nicht eine Flasche chilenischen Wein gönnten, übrigens jedes Mal ohne Kopfschmerzen zu haben, dabei bekam ich auf unserer Reise schon von jedem GLAS Wein einen Schädel. Der chilenische Wein kann was!
Schon bei unserer Fahrt vom Flughafen in die Stadt kam uns Santiago sehr europäisch vor und auch als wir einmal in der Stadt waren, war es relativ sauber und im Vergleich zu Mexiko-Stadt relaxed und weniger quirlig.
Kuriose chilenische Begegnungen in der Hauptstadt
Wir hatten vielseitige Begegnungen. Als wir in der Stadt unterwegs waren, ging uns das Wasser aus und wir kauften bei einem Straßenhändler. Ein meiner Meinung nach besoffener Freund des Paares, bei dem wir Wasser kauften, kam uns hinterher und meinte uns Tipps geben zu müssen. Die Tipps waren jedoch sowas von poppelig, also zum Beispiel, „geht doch in das Viertel Bellavista und dort müsst ihr Bier und Pisco Sour (so was wie das chilenische Nationalgetränk) trinken. Nicht dass wir diese „Tipps“, die jeder Trottel selbst weiss, überhaupt hören wollten, aber der Kerl liess sich nicht abschütteln und schrieb das auch noch auf einen Zettel, den er uns in die Hand drücken wollte. Dann wollte er natürlich noch Geld von uns haben. Wir haben ihn nur kopfschüttelnd stehen lassen.
Ein anderer junger Kerl, sagen wir 10 Jahre jünger als wir, fragte Bidu auf der Straße, wo er her sei. Bidu meinte „aus der Schweiz“, da sagte der Kerl „gib mir Geld!“. Geht’s noch? Den haben wir mal so richtig ausgelacht. Ein anderer Tag, eine ähnliche Situation: mitten auf der Haupteinkaufstraße Santiagos spricht Bidu ein junger Mann an, fragt woher er sei und meint dann: „Hey, du musst unbedingt deinen Rucksack vom Rücken ziehen! Das ist nicht sicher hier, die schlitzen dir den hinten auf und du merkst es nicht, nimm ihn lieber nach vorne so wie ich“. Den Satz haben wir dann noch ein paar Mal gehört und wo wir uns eigentlich so sicher gefühlt haben, fing ich an die Leute zu beobachten und musste feststellen, ja die Mädels halten alle ihre Handtaschen fest und die meisten tragen ihren Rucksack tatsächlich über einer Schulter auf der Seite. Nicht dass wir je groß Wertsachen dabei gehabt hätten, aber ein kaputter Rucksack ist ja auch keine Freude.
Die Chilenen als gastfreundliches Volk
Ansonsten lernten wir die Chilenen als mitunter schüchternes aber gastfreundliches Volk kennen. Eines Abends gönnten wir uns das wahrscheinlich geilste Steak unseres Lebens in Santiagos Steakhouse Nummer 1, das zufällig genau bei uns um die Ecke lag. Das Steak wurde auf dem Holzkohlegrill mitten im Restaurant gegrillt, war ca. 3-4 cm hoch und hammerzart! Ganz im Gegenteil unser Kellner. Der schrie uns an als wären wir auf einem Rockkonzert. Er meinte das nicht böse, er hatte nur ein Stimmorgan, dass einem die Ohren schmerzten. Jedes Mal wenn er an unseren Tisch kam, nahmen wir schon die Sicherheitsabstandshaltung ein. Doch Alberto oder wie er hieß war wahnsinnig nett, hatte eine mords Freude und sprach wegen uns sogar Englisch. Am Ende unseres Essens in diesem wahnsinnig gut besuchten Restaurant war der gute Kerl so gelockert, er gab Bidu die Hand, drückte mir ein Küsschen auf die Wange und sagte „Willkommen in meinem Land!“. Küsschen auf die Wange drücken ist hier übrigens, so wie in Argentinien, die übliche Verabschiedung und Begrüßung. Auch Victor, der in unserem Hostel arbeitete, begrüßte mich so und mit den Worten „Gruezi, wie goht’s?“ Wir meinten nicht richtig zu hören, doch Victors Verlobte ist Schweizerin und da hat Victor eben ein paar Worte schweizerdeutsch gelernt, wenn auch mit starkem chilenischen Akzent. Victor saß dann auch oft bei uns im Hinterhof auf einen Wein und so haben wir viel gelernt über das chilenische Leben.
Kulinarischer Tiefflug
Ach ja, wir hatten zwar das beste Steak unseres Lebens in Santiago, aber leider auch die schlechteste Pizza unseres Lebens. Ihr hättet das Ding sehen sollen, das war echt frech. Bestellt haben wir eine Pizza mit Seranoschinken und Rucola. Bekommen haben wir eine Teigplatte mit Käse und EINER HALBEN Scheibe GEKOCHTEM Schinken, in vier Schnitze geschnitten und VIER (wow!) kleinen Rucolablättern. Auch sonst sind wir kulinarisch nicht vom Hocker gehauen. Das Essen ist meistens fad (vielleicht auch nur im Vergleich zu Mexiko?!), unsere ersten chilenischen Empanadas nach den mexikanischen mehr als enttäuschend und dann noch der erste Italiano - ein Würstchen im weichen Brötchen (fast wie ein Hot Dog) nur mit 3cm dicker Avocadosausse und Ketchup - bah!!! - nicht unser Ding.
Unterwegs in Santiago
So wirklich viel angesehen haben wir dann gar nicht in Santiago. Machen wohl aber die wenigsten. (so viel gibt es vielleicht auch nicht zu sehen). Wir wanderten durch die Straßen, erklimmten den Hügel Santa Lucia und genossen eine super Aussicht sogar auf ein paar schneebedeckte Berge, nur etwas getrübt vom Smog. Aufgefallen sind uns leider auch die vielen Straßenhunde. Ein Bild, das wir aus Mexiko gar nicht kannten. Es ist wirklich sowas von traurig. An jeder Ecke liegen ein oder mehrere heimatlose Hunde. Und manchmal läuft dann wieder einer mit dir mit und wenn du dich irgendwo hinsetzt, dann legen sie sich vor dich und man hat das Gefühl, sie wollen einfach nur ein bisschen Nähe, Futter und Aufmerksamkeit. Und so schauen sie dich auch an. Arme Wauzis.
Einen Ausflug auf die Post haben wir auch gemacht, so war es doch an der Zeit das letzte Mal so richtig abzuspecken und heimzuschicken, was wir entbehren können, denn für Bolivien und Peru wollen wir leicht sein. Damit haben wir es nach einem absoluten Höhepunkt von fast 60 Kilo inklusive Campingsausrüstung in Neuseeland, die mittlerweile daheim in der Schweiz angekommen ist, auf weniger als 35 Kilo geschafft, plus Tagesrucksäcke versteht sich, aber immerhin. Da neben der Post auch gleich noch ein Museum liegt, haben wir uns das auch angesehen. Naja, unsere Begeisterung hielt sich aber in Grenzen. Als Europäer ist es einfach schwer sich für Möbel aus dem 18. Jahrhundert zu begeistern. Da kannste bei uns ja fast in jeden Antiquitätenladen gehen. Laut unserem Reiseführer wurde auch die Ausstellung aus Chiles jüngster Geschichte gelobt und so versuchten wir durchzuhalten, immer in der Hoffnung, das 20. Jahrhundert müsste doch bald kommen. Aber auch nachdem wir das ganze Museum durchwandert sind, wurden wir immer noch nicht belohnt. Naja, wenigstens haben wir dann insgesamt nicht mehr als 30min in die wohlgemerkt allesamt spanisch erläuterten Ausstellungsstücke investiert. :-)
Eine Nacht ohne Hostel und schon wieder Schießereien
Wir haben ja ein paar Tage Argentinien in unseren Santiagoaufenthalt eingeschoben (Reisebericht folgt), um bis zum U2 Konzert noch etwas anderes zu machen. Und da ist es uns doch tatsächlich passiert, dass wir einen Tag zu früh aus Argentinien zurück gekommen sind. Will heißen wir kamen nach 10 Stunden Busfahrt (davon über 2 an der Grenze auf 3200 Höhenmeter) mitten im Gewusel von Santiagos Hauptbusbahnhof an und stellten fest, oh Shit, warte, welcher Tag ist heute nochmal? Ups! Unsere Reservierung im gleichen Hostel wie vor einer Woche gilt erst ab morgen. Ist uns echt noch nie passiert. Zum Glück hatten wir einen Reiseführer und fanden dann noch ein Doppelzimmer in einem Hostel, das nur um die Ecke von unserem eigentlichen Hostel lag. Man will ja nicht am nächsten Tag schon wieder von einem Ende der Stadt in das Andere wandern. Um dahinzukommen, beschlossen wir nach all dem Chaos ein Taxi zu nehmen. Kurz vor Ankunft am Ziel ging aber plötzlich nichts mehr, die Autos auf der Straße stauten sich. Eine Frau auf der Straße erzählte unserem Taxifahrer dann, dass die Straße, in der unser Hostel für diese Nacht liegt, gesperrt sei, weil es zu einer Verfolgungsjagd mit Schießereien gekommen sei und zwei Polizisten getötet worden seien. Oh la la?! In welches Viertel hat’s uns da nur verschlagen, das kam uns doch zuvor so sicher vor. Ist es eigentlich auch, wie wir später wir erfahren haben, der Vorfall war völlig außergewöhnlich. Die Polizisten verfolgten einen Italo-Chilenen, der früher Söldner war und seine Bude mit automatischen Waffen und Handgranaten dekoriert hatte. Als die Polizei den Kerl schnappen wollte, schoss er auf mehr als 13 Polizisten und da war dann natürlich die Hölle los, bis dass der Kerl, der nur ein paar Häuser von unserem Hostel gewohnt hat, selbst in den Schüssen umkam.
Das Hostel lag dann zwar in der Straße, wo es zum Showdown kam, aber zum Glück eine Kreuzung zuvor. So konnten wir problemlos hin marschieren und erfuhren dann von den Leuten an der Rezeption, was vorgefallen war. Das Hostel schien leider Santiagos Partyhostel Nummer 1 zu sein schien. Riesengroß, mit Pool, Bar, Reisebüro und Massageangebot. Dementsprechend laut war es dann auch nachts und wir geradezu froh, am nächsten Tag in unser ruhiges Hostel umzuziehen, um die beiden letzten Nächte in Santiago zu verbringen und auf das U2 Konzert zu gehen.
Unser Fazit