Über Reiseplanänderungen, eine Busfahrt mit 40 Kupferminenarbeitern, unsere Erfahrungen mit chilenischen Stränden und neuseeländischen Surfern in der trockensten Stadt mit den ältesten Mumien der Welt und wie wir mit einer chilenischen Diva im Collectivo nach Peru übersetzten.
Reiseplanänderung
Bolivien ist also erst mal nach hinten verschoben. Stattdessen wollen wir nun erst mal nach Peru. Von San Pedro aus buchten wir den Nachtbus nach Arica, an die chilenische Küste. Von der hatten wir immerhin auch noch nichts gesehen und von dort aus bietet es sich prima an, nach Peru zu springen, liegt die Stadt doch direkt an der peruanisch/chilenischen Grenze ganz im Norden. Unser Bus war in San Pedro noch ziemlich leer, füllte sich aber nach 1 ½ Stunden Fahrt in Calama angekommen bis auf den letzten Platz. Nun steht bei Calama ja die größte Kupfermine der Welt, dementsprechend füllte sich der Bus mit ca. 40 Minenarbeitern, die über’s Wochenende heim zu ihren Frauen fuhren. Der Testosteronspiegel des Busses stieg um gefühlte 1000% und mit ihm machte sich eine Duftmischung aus Männerparfum und kaltem Rauch breit (noch). Während der insgesamt noch über 9 Stunden dauernden Fahrt, auf der der Bus unverständlicherweise geheizt wurde, verwandelte sich dieser unter Beimischung von Schlafgeschmack und Männerschweiß zu einem Geruch, der kaum noch auszuhalten war. Lüftung? Fenster öffnen? Fehlanzeige!
Arica – trockenste Stadt der Welt
Morgens um sechs kamen wir total erschlagen im Dunkeln in Arica an. Wir wollten versuchen ein Taxi-Collectivo zu bekommen, das sind einfach Taxis, die eine bestimmte Strecke fahren, mit einem Schild auf dem Dach versehen sind, damit man gleich sieht, welche und hier pro Person und Fahrt zwischen 60 Cent und 2 Euro kosten. So eins bekamen wir dann auch, nachdem wir die normalen Taxifahrer, die uns schon seit dem Ausgang vom Busbahnhof belauerten, abschüttelten. Der Collectivo Taxifahrer fuhr uns dann sogar abseits seiner Strecke bis vor das Arica Surf Hostel, nicht ohne aber dafür den Preis für ein normales Taxi zu verlangen. Ha ha… ist doch hier gehopst wie gesprungen. Im Hostel bekamen wir glücklicherweise sogar schon morgens um halb 7 das Zimmer, so konnten wir wenigstens (unter viel besseren Luftbedingungen) noch ein paar Stündchen verpassten Nachbusschlaf nachholen.
Arica, die 200.000 Einwohnerstadt an der chilenischen Küste, die auch die Stadt des ewigen Frühlings genannt wird, hat uns dann nicht so wahnsinnig vom Hocker gehauen. Teile der Stadt sind ziemlich arm und dreckig und auch die Innenstadt hat außer einer Fußgängerzone und einer von Eiffel gebauten Kirche und dem Zollamt, beides in Frankreich produziert und dann hierher verschifft, nicht viel zu bieten. Der Hafen ist voller Schiffe und Container. Und wegen der Strände, die alle ca. 3-6km ausserhalb der Stadt liegen und mit dem Bus zu erreichen sind, braucht man hier auch nicht herzukommen: die sind meistens nicht ganz sauber aber vor allem ist das Wasser sowas von kalt, also das waren schon wirklich neuseeländische Verhältnisse. Vielleicht haben wir deshalb in unserem Hostel so viele Neuseeländische Surfer getroffen?! Bidu hat sich kurz mal noch überlegt, surfen zu gehen, aber nachdem er seine Zehen ins Meer getaucht hat und beinahe Frostbeulen hatte, doch noch mal umentschieden. (eine weise Entscheidung meiner Meinung nach) :-)
Die ältesten Mumien der Welt
Das wirklich Krasse an Arica ist ihre Umgebung. Die Stadt steht in der sogenannten Küstenwüste. Schon das Wort kommt einem komisch vor (noch nie gehört?!), doch wenn man vom Strand aus ins Landesinnere blickt, sieht man nur Sanddünen und trockene Berge – ein wahnsinniges Bild und Arica damit die trockenste Stadt der Welt. Auch sonst kann Arica mit Superlativen aufwarten, hat man doch dort die mit 6000 Jahren ältesten Mumien der Welt gefunden, die unter den trockenen Bedingungen wunderbar in einer Art Schlammpackung konserviert wurden. Die Mumien und Geschichte der Gegend von den Anden bis an die Küste und ihre Einflüsse von Tiwanaku und den Inka kann man in einem Museum, das 12km von der Stadt entfernt ist, anschauen. Hin und zurück ging’s mal wieder mit dem Taxi Collectivo, eine interessante Fahrt durch unerwartet viel Grün, bauen doch die Leute in dem Tal Olivenbäume an.
Unterwegs im chilenischen Supermarkt
Wir beschlossen noch eine Nacht länger in Arica zu bleiben, da es ein Wochenende war und wir nicht genau wussten, ob die Grenze nach Peru sonntags genauso offen hat wie unter der Woche. Zeit, um selbst Gulasch mit Nudeln und Brokkoli zu kochen (sonntags abends haben hier aber auch alle Restaurants zu) und nochmal eine gute Flasche chilenischen Carmenere Merlot zu trinken. Wir fanden einen riesigen Supermarkt, in dem ich mich hätte Stunden herumtreiben können (hätte mein Mann nicht langsam Hunger gehabt und auf Kochen gedrängt). :-)
Teilweise dachte ich, ich stehe in einem deutschen Supermarkt. Da gab es eingelegte Gurken von Kühne, Salatfix von Knorr, allerlei Kekse aus Deutschland, Rittersport, Haribo und vieles mehr. Ich hab sogar verschiedene Rührkuchen, importiert aus einer Stadt an der Ruhr, und Riegelein Schoko-Osterhasen entdeckt! Nur Nutella hab ich nicht gefunden. Und das obwohl mein Glas schon seit ein paar Tagen leer war. Wir sind durch den ganzen Laden gehirscht – erfolglos. Dann fragten wir einen Mitarbeiter aus Spanisch (der Mann konnte sonst nichts) aber jetzt erklär mal Schokoaufstrich auf Spanisch. Er hat uns dann zu den Schokokeksen geführt. Damit kamen wir der Sache aber immerhin näher, denn ganz in der Nähe stand einsam und verlassen ein Glas (seit langem, sonst waren es nämlich immer Plastikbecher) NUTELLA, die deutsche Schrift überklebt mit spanischen Inhaltsangaben. Der Mann, dem Nutella bis dahin unbekannt war, hatte was gelernt, ich mein Nutella und Bidu seinen Frieden. :-)
Grenzübertritt nach Peru
Am Morgen stand dann der Grenzübertritt an. Mit dem Taxi ging’s zum Collectivo Bahnhof. Dort kamen wir mit unseren Rucksäcken rein und schon waren wir umzingelt von Fahrern, die uns für knappe 4 Euro die 60km über die Grenze nach Tacna in Peru bringen wollten. Wir entschieden uns für die blonde ca. 58 Jahre alte chilenische Mutti mit ihrem 6 sitzigen weißen Ford Taurus, gefolgt von zwei schottischen Backpackerinnen, sodass die chilenische Mutti nochmal los laufen musste, um einen weiteren Mitfahrer zu finden und ihren Wagen voll zu kriegen. Nach ein paar Minuten kam die Mutti, die eine Stimme hatte, als hätte sich jahrelang geraucht (und auch die Falten im Gesicht dazu) zurück, hatte einen peruanisch aussehenden Chilenen im Schlepptau und die Fahrt konnte losgehen. Dachten wir. Nach 50m immer noch auf dem Gelände des „Terminals“ hielt die chilenische Mutti, die von den Schottinnen nachdem sie ausgestiegen war, ziemlich treffend als Diva bezeichnet wurde, plötzlich wieder an und rannte mit all unseren Pässen davon. Es folgten ein paar lustige Sprüche ("ob sie wohl je mit unseren Pässen wieder kommt?"). Doch sie kam zurück und hatte schon mal alle Einreiseformulare für Peru zu fragen ausgefüllt. Wohlgemerkt, ohne nach den genauen Daten zu fragen, die eben nicht im Pass stehen (wie z.B. dem Familienstand) und so waren Bidu und ich jetzt wieder Singles. :-) Dann ging es endlich los: durch endlosen Wüstensand, der nur von tausenden von Plastikflaschen durchzogen war (traurig, traurig!) Richtung chilenische Ausreise: Stempel drauf, ab dafür. Klappte alles prima. Die Mutti trieb uns an und schob uns durch die Grenze, das war nicht mehr nett. Das hier war keine Sonntagsfahrt, sondern Geldverdienen. Wir hatten gelesen man darf keine Früchte und kein Essen über die Grenze nehmen. Nach unseren Erfahrungen in Argentinien liessen wir es aber drauf ankommen. Die peruanischen Grenzbeamten waren dann aber so was von desinteressiert, unser Gepäck lief durch den Scanner und keiner sagte ein Wort. Juhu! In Tacna angekommen, wollte die chilenische Diva dann plötzlich einen knappen Euro mehr pro Person als abgemacht, doch wir stritten nicht, hat sie uns doch sauber und schnittig über die Grenze gebracht. Bienvenidos a Peru!
Unser Fazit: