Über Individualreisen durch Bolivien, den Hexenkessel La Paz und wir mittendrin, ein paar Nächte im Psychohotel, den größten Salzsee der Welt und wir obendrauf, zufällige Begegnungen, die es eigentlich gar nicht gibt und schweizer Raclette auf 3.600 Höhenmetern.
Bolivien – eine Müllhalde?
Erst haben wir uns ja nicht sonderlich gewundert. Dass überall der Müll auf den Straßen lag. Schließlich war in Copacabana ja großes Pilgerosterfest und da hat jede Stadt, die so überlaufen ist, erst mal ein Müllproblem. Aber dann hielt der Müll an. Auch als wir mit dem Bus Richtung La Paz losfuhren. Müll links der Straße. Müll rechts der Straße. Knapp eine Stunde ging’s über kurvige aber gute Straßen weiter nach oben aufs Hochplateau, dann mussten wir mal eben über den Titicacasee mit kleinen Fähren übersetzen. Wir zuerst und dann der Bus. Weiter ging’s vorbei an kleinen Dörfern, neben der Straße trottenden Eseln, die so mit Stroh und Gras beladen waren, dass man sie kaum noch erkannte. Menschen, die mit der Hand dreschen, Fußballfelder, auf denen die Schafe und Lamas weiden (das wollte ich mal bei uns in Endingen sehen, ha ha….) und Müll wohin das Auge reicht. Je weiter wir Richtung La Paz kamen, desto schlimmer wurde es. Im Hintergrund schimmerten die schneebedeckten Berge und schon wurden sie von halbfertigen Gebäuden verdeckt. Wenn Gebäude noch wie im Bau aussehen, bezahlt man nämlich keine Steuern in Bolivien – das ist also das mehrheitliche Bild: erster Stock gebaut, alle weiteren im Rohbau bis man wieder Geld hat. Willkommen in El Alto – Trabantenstadt von Boliviens Hauptstadt und mit einer Million Einwohner mittlerweile sogar noch größer und ach so nebenbei: gefährlichste Stadt Südamerikas.
Hexenkessel La Paz
Unser Bus fuhr durch (zum Glück kein Stopp) El Alto und es war eine Einstimmung nach La Paz. Das liegt in einem Tal unterhalb des Hochplateaus und erinnert an einen richtigen Hexenkessel. Auf der Stadtautobahn geht’s nach unten und als wir beide nach rechts sahen, trauten wir unseren Augen kaum. Das ganze Tal bebaut. Ein irrer und überwältigender Ausblick als unser Bus kurz hielt, weil die ganzen Passagiere den Mund nicht mehr zubekamen vor Staunen. Unten angekommen führte uns der Bus direkt ins Zentrum. Ins indigene Zentrum wohlgemerkt, das liegt rechts vom Fluss (das Reiche links und tiefer) Ich wollte erst gar nicht aussteigen, nachdem ich das wilde wuselige chaotische Treiben auf den Straßen realisierte. Beat hatte hier den eindeutigen Vorteil nach seiner Zeit in Indien. Für mich war der Anblick von Hunderten von Menschen, die auf 1m breiten Gehwegen ihre unterschiedlichste Ware ausbreiten und den Tausenden von Menschen, die drum herum wuseln neu und überwältigend. Da wurden Plastikkämme verkauft, dort Kräuter aller Art und Lamaföten, hier saß eine Indiofrau mit Zöpfen und Bowlerhut stoisch auf dem Boden und bot ihre Berge von Mandarinen und Orangen feil, nebenan der Kerl mit den Memorysticks und die Mama mit dem Kochtopf voller Suppe! Was für ein Bild!
Psycho-Hotel und erste furchtbare Eindrücke von La Paz
Mein erster Gedanke war „weg hier!“. Wir entschlossen uns im erstbesten Hotel niederzulassen, das absolut krasseste Hotel, in dem wir beide je waren, was die Einrichtung betrifft. 70er Jahre ist noch untertrieben. Die Wände im ganzen Hotel waren mit diesen Landschaftstapeten beklebt, die wir alle noch aus den Wohnzimmern unserer Großeltern kennen. Die Zimmer selbst mit Möbel Anfang Siebziger und durchschnittlich 5 verschiedenen Tapeten in 5 verschiedenen Farben und mit 5 verschiedenen Mustern. Ich sag’s euch: Augenkrebs! Wie wir es da drin für 2 Nächte ausgehalten haben, ohne eins an der Klatsche zu kriegen oder uns wegen Aggressionen gegenseitig die Fresse vollzuhauen, grenzt an ein Wunder! Oder lag daran, dass Bidu mal wieder den flotten Otto hatte und gleich am ersten Abend außer Gefecht gesetzt wurde. 36 Erholungsstunden später aber nicht wirklich besser waren wir wieder aus diesem Psychopatenhotel draußen (wir denken ohne bleibende Schäden) und bezogen ein anderes ruhiges ein paar Ecken weiter. Die letzte Nacht hatte uns mit kontinuierlicher Latinomusik-Beschallung durch einen Imbisswagen, der wahrscheinlich größere Boxen als Vorräte hatte, die ganze aber wirklich GANZE Nacht wachgehalten. Bei uns hätte der aber in Nullkommanix spätestens um halb elf Nachts die Polizei wegen Lärmbelästigung an der Backe (und ein paar laut fluchende Nachbarn). Nicht so in Bolivien! Oh je mine, wo sind wir hier nur gelandet?
Von La Paz nach Oruro und nein, bolivianische Busse haben keine Toiletten egal wie lange die Fahrt dauert
Um eine ruhige Nacht in einem normalen Hotel reicher fuhren wir am nächsten Morgen mit dem Taxi zum Busbahnhof. Der Sack von Taxifahrer erzählte uns er habe kein Wechselgeld und fuhr dann einfach davon (hat uns aber nur um 20 Cent beschissen – trotzdem hier geht’s ums Prinzip). Im Busbahnhof die nächste schlechte Nachricht: alle Busse, die nach Oruro fahren, von wo unser Zug nach Uyuni fährt, haben natürlich KEINE Toiletten. Ach ja, das stand ja im Lonely Planet. Tipp für Bolivien: „Lerne mit der Tatsache zu leben, dass bolivianische Busse keine Toilette haben.“ Dann machen die doch sicher einen Stopp, denke ich, und frage die Dame hinter dem Schalter, die mich eben noch für die Frage nach der Toilette ausgelacht hat. Nee, sagt die ganz entrüstet, also bei der 3 ½ Stunden Fahrt gibt’s keinen Stopp. Das wird schmerzhaft, denke ich, und bin wenig entzückt über die Situation, aber es gibt keinen anderen Weg. Wenigstens ist die Strecke immer nur geradeaus, keine üblen abschüssigen Bergstraßen, also im Vergleich zum restlichen Bolivien relativ wenig Gefahr. Und rütteln sollte sie auch nicht – d.h. weniger Blasenschmerzen als auf ungeteerten Rüttelstraßen. Im Bus entdecke ich dann doch die Toilette, werfe erfreut einen Blick hinein und sehe, dass es zwar ein Klo gibt, das aber komplett vollbeladen von den Sachen der Busfahrer und damit außer Betrieb ist. Bidu und ich wetten, die sind nur zu faul, das in Betrieb zu nehmen. Das ist ja noch dümmer als gar kein Klo zu haben!
Beide nippeln wir lediglich an unserem Wasser als wir im Bus sitzen und ach ja, weil die Lüftung nicht funktioniert, kaum Luft kriegen (keine Fenster, die man öffnen kann). In El Alto wird der Bus dann so vollgepackt mit Indios – wir sind natürlich die einzigen Europäer. Dafür kostet unsere Busfahrt nur 2 Euro pro Person und wir sind dann am Schluss sogar fast 4 Stunden unterwegs. Im Nachinein keinen Schimmer wie wir das ausgehalten haben!? Ebenso wie die beiden Rambofilme, die auf spanisch in voller Lautstärke und natürlich ohne Rücksicht auf Kinder im Bus gezeigt werden. Am frühen Abend kommen wir in Oruro an, schnappen uns das erstbeste Hotel am Busbahnhof und entspannen, denn Bidu geht es immer noch nicht so dolle. Wenigstens hat das Zimmer Fernsehen, das wir dann so laut stellen, dass wir die dummen Busschreier draußen auf der Straße nicht mehr hören. Uyuni Uyuni Uyuuuuniiiiii und so weiter. Dass die Leute nicht bekloppt werden, wenn sie den ganzen Tag das gleiche schreien. Hier schreien sie echt genauso wie in Mexiko, nur dass man dort wenigstens das Geld für Megaphone hat.
Oruro nach Uyuni – unsere erste und letzte bolivianische Zugfahrt
Oruro ist wieder richtig teuer für bolivianische Verhältnisse. Liegt wahrscheinlich daran, dass hier noch immer ein paar Minen liegen. Erinnerungen an Calama werden wach, auch als wir morgens beim Frühstück ein paar Arbeiter und Geschäftsleute sehen. Unser Zug nach Uyuni fährt erst um drei mittags, Erleichterung als wir feststellen, dass hier ausnahmsweise mal Check-Out um 14 Uhr ist. Gab’s noch nie. Passt! Dann ab zum Bahnhof mit dem Taxi und unser Gepäck eingecheckt. Beinahe pünktlich fährt der Zug ab. Drinnen gibt’s veraltete Sitze und einen riesigen Fernseher, auf später sogar Filme gezeigt werden. Den Zug nehmen wir, weil es überall hieß, die Busfahrt nach Uyuni sei der letzte Horror, mehrere Stunden auf ungeteerten Straßen und Beine schüttelnd. die ersten Meter im Zug gehen auch. Fast – so scheint es – wird das Ganze gemütlich und von der Landschaft her spektakulär. Doch anstatt uns wie im Bus zu schütteln, wirft es uns so hin und her, dass wir später im Speisewagen kaum essen (und sitzen) können. Aber das Essen war ohnehin so beschissen, da hätt ich lieber nix gegessen. Unser Zug schüttelte uns dann 7 Stunden durch relativ eintönige Wüstenlandschaft, die letzten 4 Stunden im Dunkeln. Man fragt sich, warum das Ding nicht entgleist ist, so hat’s einen im Sitz rumgeschleudert. In Uyuni dann der Run auf’s Gepäck – ja, alles noch da, rein ins Taxi und ab ins Hotel. Wir erfrieren fast in dieser Nacht, dabei ist dies die Nacht in dem Hotelzimmer, das sogar eine Heizung hat! Am nächsten Tag wechseln wir in ein Hostel, das halb so teuer aber noch kälter ist, denn die erste Nacht war dort nix mehr frei. Dafür gibt’s aber wieder kein Frühstück. Den ersten Tag verbringen wir deshalb mit Umziehen, uns neu orientieren (Uyuni ist zum Glück nur 20.000 Einwohner groß) und dem Suchen nach einer günstigen und vor allem guten Agentur um unsere Tour zum Salar zu machen.
Salar de Uyuni – eine Landschaft, die nicht zu fassen ist
Der Salar de Uyuni ist mit 12.000 qm der größte Salzsee der Welt und liegt auf fast 3.700m. Mit gleißender Helligkeit am Tag und sehr kalten Nächten ähnelt er äußerlich sehr hartem Schnee. Selbst am Tag wird’s hier um diese Jahreszeit nicht wärmer als 0 Grad – bei Sonnenschein aber einem miesen Wind einigermaßen zu ertragen, wenn man alles anhat, was man hat. Grund für die Kälte ist der Salzeffekt. Ähnlich wie bei den ersten Klimaanlagen, die gebaut wurden, macht nasser Salz kühl. Und da wir gerade am Ende der Regenzeit im Salar waren war er eben leider noch ziemlich nass und damit war es auch empfindlich kalt. Nachts zwischen -10 und -15 Grad. Auch das erinnert an Schnee.
Eine Fahrt auf dem Salar ist eine unvergessliche Attraktion. Aber bei den Touren auf den Salar ist äußerste Vorsicht geboten. In San Pedro, Chile hatten wir zwei deutsche Mädels getroffen, die einen schweren Unfall, bei dem der Jeep sich mehrfach überschlagen hat, heil überstanden hatten. Und unterwegs wurde uns von einem Unfall erzählt, bei dem kürzlich zwei Israelis starben. Auch das Auswärtige Amt weist auf eine weise Auswahl des Anbieters hin. Dementsprechend viel haben wir uns umgehört und sogar einen Anbieter gefunden, der englischsprachige Guides hat. Auch das scheint eine absolute Seltenheit zu sein. Gebucht haben wir allerdings die Spanisch-Tour, in der Hoffnung jemand der weiteren 4 Teilnehmer spräche nur Englisch, womit der Tourguide trotzdem Englisch sprechen müsste. Hat geklappt und wir haben damit 16 Euro gespart. Leider stand der Salar noch so unter Wasser, dass wir nicht zur berühmten Kakteeninsel mitten in der Salzwüste fahren konnten. Trotzdem staunten wir nicht schlecht, als wir in dieser riesigen weißen Fläche standen und sie nicht erfassen konnten. Die kulinarische Versorgung in Uyuni war übrigens zum Kotzen. Nicht nur das Essen auf unserer Tour war schlecht, auch sonst haben wir überall mehr schlecht als recht gegessen. Es gab einfach nix Gescheites. Und beim einzigen Laden, der morgens Frühstück im Angebot hatte, waren natürlich immer ALLE Backpacker, obwohl die da so lahmarschig waren, dass wir auch, als wir morgens die ersten und einzigen Gäste waren, über eine halbe Stunde auf Kaffee und Brötchen warten mussten als wäre das so kompliziert?!
Uyuni nach Sucre und Diskussionen in Potosi
Die nächste Herausforderung stellte dann das Wieder aus Uyuni weg kommen dar. Da so viele Leute von Chile rüberkommen und andere so wie wir einfach durch Bolivien reisen, sind die Plätze in den Bussen relativ heiß begehrt. Lokale Leute gibt’s ja auch noch. Und genau drei Möglichkeiten: weiter nach Tupiza (zu weit südlich und damit nicht unsere Richtung), weiter nach Potosi oder zurück nach La Paz (die Beine schüttelnde Busfahrt). Wir haben uns für Potosi entschieden und unseren Bus 2 Tage vorher gebucht, um sicher zu gehen. Dauer: ca. 6 Stunden – für 200km das muss man sich mal vorstellen! Auf immerhin 60% geteerten Straßen. Klo Fehlanzeige! Immerhin die Straßen, wo geteert, waren gut (da nagelneu) und nach 3 Stunden gab’s einen Pinkelpausenstopp mit wenigstens so vielen Büschen, dass man sich nicht direkt in die Augen sah beim Pinkeln. Der Bus lud unterwegs immer noch mehr Leute auf bis die Gänge voll waren. Fenster waren zwar da, ließen sich aber nicht öffnen auf unserer Seite. 6 Stunden später Ankunft in Potosi.
Wir wollen uns nur kurz die Stadt ansehen und dann weiter ins 2 ½ Stunden entfernte Sucre, wo wir ein Hostel reserviert hatten. Hin wollen wir mit dem Taxiservice, der laut unserem Lonely Planet und der Info in Uyuni 12 Euro pro Taxi kosten soll. Da legen wir doch noch ein bisschen drauf und machen wenigstens vorher noch eine Stadtrundfahrt in Potosi - ist schliesslich die höchste Stadt der Welt wenn wir schon mal da sind. Doch die Taxifahrer, die alle solidarisch sind, wollen 24 Euro. Das Doppelte! Das zahlen wir nicht. Ich werfe ihnen vor, das ist Ausländerpreis, aber das ist es nicht. Der Preis hat sich einfach verdoppelt. Auch weil heute Feiertag ist. Feiertag, wieso Feiertag? Gestern war doch der erste Mai, aber das war ein Sonntag und deshalb macht man einfach den Feiertag einen Tag später hier. Eine gute halbe Stunde Diskussion bringt uns nicht weiter, die Taxifahrer sind stur und wir nehmen uns ein Taxi, dass uns ins Zentrum bringt und dann wieder zurück. Nicht mal mit einer Stadtrundfahrt sind die hier einverstanden und erst der dritte Taxifahrer hat sich dazu überhaupt bereit erklärt. Dazwischen quatscht uns noch eine Bolivianerin auf Englisch an, sie wäre Guide und könnte uns auch durch die Stadt fahren mit ihrem Mann, aber das kommt mir nicht koscher vor. Wieder zurück nehmen wir die Fahrt im geteilten Taxi für 12 Euro und müssen warten bis sich noch mal zwei Nasen finden, die die anderen 12 Euro zahlen, um das Auto aufzufüllen. Es sind dann drei, eine Frau bringt ihre fünfjährige Tochter mit, die sitzt dann einfach zwischen ihren Beinen die zweieinhalb Stunden. So macht man das hier.
Die Fahrt nach Sucre sind Kurven pur. Wir gehen von 4.100m runter auf 2.800 und unser Fahrer fährt wie ein Henker während er sich ein Kokablatt nach dem anderen in die Backen schiebt. Bei ca. Blatt 50 höre ich auf zu zählen und frage mich, wo um Gottes Willen, der das Zeug, das er mir als Beifahrerin die ganze Zeit anbietet, noch hinschiebt? Dazu singt er spanische Liebeslieder, die er auf CD mitlaufen lässt. Sieht fast so aus, als wäre er heiß verliebt. Nach anderthalb Stunden Qual ist Schluss und er schiebt die Boney M Platte in den CD Player. Wenigstens singt er jetzt nicht mehr mit. Aber die Musikwahl ist äußerst zweifelhaft. Nach einer weiteren Stunde sind wir fast in Sucre und wir handeln ihn noch um 2 Euro runter da er uns am Busterminal und nicht am Hostel absetzen soll. Wir haben nämlich in all der Eile in Uyunis Internetcafe vergessen Namen und Adresse des Hotels aufzuschreiben. Die Verbindung war ohnehin gerade so gut, dass wir die Buchung durchführen konnten.
Sucre – schönste Kolonialstadt Südamerikas
Am Touristeninfoschalter im Busterminal kennt niemand unser Hostel, aber im Terminal gibt’s sogar freies Wi-Fi. Das funktioniert aber leider nicht und so bleibt uns nix anderes übrig als ins nächstgelegene Internetcafe zu laufen, um noch mal nachzuschauen. Dort sind alle Plätze hoffnungslos mit Facebooksurfern belegt, also weiter ins Nächste. 5 Cent kostet das Nachschauen und 80 Cent die Taxifahrt zum Hostel. Dort empfängt uns Rene, ein pensionierter belgischer Lehrer, der seit September ein Hostel in Sucre hat, supernett und super gastfreundlich ist und bei dem wir gerne länger geblieben wären. Nicht nur sein Hostel, auch Sucre hat uns gut gefallen. Endlich wieder Luft zum Atmen, auf 2.800 geht das schon deutlich besser. Und nur 200.000 Einwohner, eine von UNESCO geschützte schöne weiße Innenstadt und alles etwas ruhiger als Oruro und La Paz. Sucre gilt als eine der schönsten Städte Südamerikas und wir können das bestätigen. Eine der Sehenswürdigkeiten in Sucre ist der 6km außerhalb liegende Dinosaurierpark. Eine Zementfabrik hat dort beim Baggern über 2000 Dinosaurierspuren in der senkrechten Wand gefunden, die sich im Laufe der Jahre von horizontal nach vertikal verschoben hat. Im Eintrittspreis war ein enthusiastischer Guide enthalten, der wie wild mit den Armen rumfuchtelte, in der Hoffnung uns alle zu begeistern, mit dessen Englisch wir aber alle so unsere Mühe hatten.
Zufälle gibt’s – die gibt’s gar nicht!
Nach dem Rundgang und der Busfahrt zurück in die Stadt gönnten wir uns ein Mittagessen im Kultur Cafe Berlin, das dem deutsch-bolivianischen Institut in Sucre angeschlossen ist aber von einem Österreicher geführt wird. Dementsprechend gab’s Bauernschmaus und Bratkartoffeln und wir konnten zum ersten Mal in ganz Südamerika beim Bestellen Deutsch reden! Kaum hatten wir bestellt, lief das deutsche Paar, das mit auf unserer Dinosauriertour war, zur Tür herein und als sie fragten, ob sie sich zu uns setzen konnten, sagten wir natürlich ja. Witzig, eben noch auf der Tour und schon treffen wir uns hier wieder. Man trifft sich ja immer zwei Mal im Leben. Doch der Clou kommt noch: im August 2010 waren wir ja im Jasper Nationalpark in Kanada. Ich weiß nicht mal ob ich das damals in unserem Blog erwähnt hab, aber auf dem Parkplatz von Lake Maligne haben wir einen silbernen Opel mit deutschem Kennzeichen gesehen und uns gewundert, wer da wohl mit dem Opel offensichtlich auf längerer Reise ist. Leider haben wir die Fahrer nicht gesehen. Auch nicht als wir den Wagen das zweite Mal auf dem Rogerpass parken gesehen haben. Ein paar Monate später, wir sind in Mexiko und ich informiere mich über den Kupfercanyon, den wir dann leider doch nicht besucht haben, indem ich im Internet surfe Und was entdecke ich dabei: den Blog der beiden Weltreisenden mit dem silbernen Opel. Das ist doch mal ein Zufall! Doch es kommt noch besser!!! Jetzt ratet mal, wer die beiden Reisenden sind, die sich zu uns an den Tisch setzen?! Es sind Gunnar und Andrea, deren Wagen und Website wir schon kannten! Ist das zu fassen? Die Welt kann so klein sein! Ist das herrlich sich auszutauschen über die Erfahrungen und Orte unterwegs und den gleichen harten Reisealltag zu teilen! So herrlich, dass wir dabei ganz vergessen die Stadt zu besichtigen. Und so machen wir uns dann spätnachmittags im letzten Sonnenlicht auf, einen Eindruck von der Stadt zu bekommen und immer wieder denken wir wie krass Zufälle und wie schön Begegnungen sein können.
Sucre nach La Paz – oder der Kampf um die Flugtickets
Am nächsten Morgen geht dann unser Flug zurück nach La Paz. 16 Stunden Busfahrt waren wenig attraktiv und stehen in keinem Verhältniss zu einem 45 Minuten Flug, der dazu auch noch nur 55 Euro pro Person kostet. Aber das war ein harter Kampf. Auf keiner deutschen oder englischen Website konnten wir den Flug buchen. Ein Reisebüro gab es in Uyuni auch nicht. Wir waren ja schon froh, dass die Internetverbindung nur zwei Mal abkackte in dem Internetcafe. Schließlich buchten wir auf der spanischen Expediaseite und verließen uns drauf, ist ja schließlich in Europa und wir hatten eine Bestätigung. Aber am Tag zuvor immer noch keine elektronischen Tickets und so gingen wir (zum Glück in Sucre) in das Büro von Aerosur, unserer Fluggesellschaft. Was, wir hätten eine Reservierung? Nö, da haben sie nix im System. Ach ja, und der Flug ist eh schon überbucht. Wir haben gemeint nicht richtig zu hören. Also nochmal heim, Emails checken. Expedia hat schon schön die Gebühren abgebucht, aber Aerosur hatte nichts von uns? Komische Sache. Also zurück zu Aerosur und dort in bar bezahlt. Und oh Wunder, wir hatten zwar angeblich keine Reservierung aber unsere Namen und Daten hatten sie dann doch im System. Komisch, komisch… Der Flug war übrigens noch nicht mal voll. Beim Start der Maschine dachte ich nur hoffentlich hat’s das Flugpersonal besser drauf als das am Boden!!!
La Paz für Genießer
Zurück in La Paz. Dieses Mal gleich ins gute Hotel und wieder mitten in den Trubel. Da es Bidu inzwischen wieder gut ging, konnten wir die Stadt ein wenig besichtigen, wobei die Motivation wieder auf 3.600 Höhenmetern angelangt doch sehr zu wünschen übrig lässt. Jeder Stockwerk eine Qual, ein Stock und man hechelt oben als wäre man einen 1000 Meter Lauf gerannt (und zwar untrainiert!) Ich will endlich wieder Luft kriegen. Drei Tage durchhalten noch und am vierten fliegen wir an die Küste Perus. Ich kann’s kaum erwarten. Ein bisschen Souvenirshopping (nirgendwo so günstig wie in Bolivien) und Sightseeing. Wir machen eine Tour nach Tiwanaku. Das liegt in der Nähe vom Titicacasee und war einst eine bedeutende Präinka-Kultur. Doch auch dort fällt jeder Meter schwer. Noch schwerer fällt’s nur dem Neuseeländer, der direkt nach La Paz geflogen ist und sich deshalb Diamox reinzieht. Den kennen wir auch von irgendwo her und als er sich als Flugbegleiter entlarvt wissen wir gleich – der hat uns doch schon mal unser Essen auf dem Flug von Rarotonga nach Los Angeles ausgegeben. Es ist die Woche der Begegnungen! Und des kulinarischen Wiedergutmachens: nach wochenlangen übelsten Spaghettis, den schlechtesten Pizzen und bittersten Suppen und Lamafleisch, das zäher als Omas Putzlappen ist, finden wir zuerst ein österreichisches Restaurant, in dem wir uns zwar fehl am Platz (obernobel) vorkommen, aber gutes Schnitzel und Stroganoff essen. Und nur einen Tag später geht es mit dem Taxi ins schweizer Restaurant, in dem wir Fondue erwarteten, aber dann sogar Raclette bekamen! Wohlgemerkt nicht von glücklichen Schweizer Kühen aber nicht die Kühe sondern die Schweizer machen ja den Käse und in dem Fall zwei nach Bolivien Ausgewanderte. Der Schweizer aus Fribourg, dem das Restaurant gehörte, liess uns an nix fehlen. Sogar Rohschinken und Gewürzgurken gab es. Es war die Erfüllung eines Traums, ich sag’s euch. Jetzt fehlt nur noch der Sauerbraten und/oder Ragout mit Kartoffelstock – aber das kann auch noch die paar Tage warten bis zuhause. Während dem Essen kamen dann zwei Typen rein, die vermutlich unsere Sachen stehlen wollten, aber da sie nicht rankamen, waren sie sofort wieder weg. Der Schweizer war gleich zur Stelle und versicherte sich, dass alles noch da war.
Unser letzter Tag führte uns dann nochmal außerhalb von La Paz. Wir schnappten uns ein Taxi und für 3,50 Euro fuhr der uns ins 30 Minuten außerhalb liegende Mondtal. Wissen gar nicht in wie vielen Mondtälern wir schon waren. USA? Hawaii? Chile? Und überall sah’s anders aus… tz tz tz Doch das hier war schon sehr beeindruckend, wenn auch nicht gerade riesig, wenigstens ganz gut mit Wegen ausgebaut, solange man nicht in den Stacheldraht fiel und bot gute 45 Minuten Laufwege, die auf über 3.000 Metern dreifach anstrengen. Der Taxifahrer schob uns dann noch Falschgeld unter, waren nur 20 Bolivianos, also 2 Euro umgerechnet. Und auch dieser Taxifahrer ist einer der wenigen schlechten Menschen, die wir in Bolivien getroffen haben. (Auch in Peru haben sie das mit dem Falschgeld probiert). Die meisten Menschen hier waren wirklich nett, höflich und wenn sie’s nicht waren, dann wenigstens nicht das Gegenteil. Trotzdem sind wir froh Bolivien hinter uns zu lassen und hoffentlich in Lima, der Hauptstadt Perus, wieder etwas höhere Standards und Zivilisation vorzufinden.
Unser Fazit