Diary for Tour d'amour


Iguazu: Sprachlos und nass vor den größten Wasserfällen der Welt

2011-05-18 to 2011-05-22

Wie wir in Brasilien ankamen, kein Wort Portugiesisch verstanden, einen kleinen Ausflug nach Argentinien, Wanderungen im Dschungel, Nasenbären und Schmetterlinge und offene Münder und feuchte Klamotten.

Auf nach Brasilien
Wir haben ja lange überlegt. Brasilien ja, Brasilien nein. Und uns noch vor unserer Reise dagegen entschieden. Viel zu gefährlich. Und dann waren wir in Südamerika. Und dachten wenn wir schon mal da sind, warum denn nicht doch? Gefährlicher als so manch andere Stadt, die auf unserem Weg lag, kann es auch nicht werden. Und so bauten wir Rio und Iguazu in unsere letzten Wochen ein und flogen einmal quer über den Kontinent von Lima nach Foz do Iguacu. Schon bei unserer Ankunft in Brasilien ging uns das Herz auf. Endlich eine andere Kultur, ein anderes Land, ein anderes Klima, eine andere Landschaft! Sogar eine andere Sprache. Wir freuten uns megamäßig und verstanden kein Wort

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Nach 10 Monaten Reise ist man ja schon etwas abgehärtet. Will heißen es muss schon etwas besonderes sein, um einen so richtig vom Hocker zu hauen. So etwas Besonderes sind die Wasserfälle von Iguazu. Klar, man hört und liest, dass das die größten Wasserfälle der Welt sind. Aber was das bedeutet sieht man erst man da ist. Die Wasserfälle liegen mitten im atlantischen Regenwald (bzw. dem wenigen, was davon noch übrig ist). Da die Wasserfälle im Dreiländereck von Brasilien, Argentinien und Paraguay liegen, haben die Fälle eine argentinische und eine brasilianische Seite. Letztere sollte man sich zuerst anschauen, weil es heißt, die brasilianische Seite verschafft einem den Überblick und die argentinische das Detail.

Tag 1: die brasilianische Seite für den Überblick
So sind wir in Brasilien mit dem öffentlichen Bus zum Besucherzentrum der brasilianischen Seite gefahren. An der Bushaltestelle lernten wir dann Naia aus Brasilien und ihren Freund Pedro aus Chile kennen, die auch in unserem Hostel wohnten und exakt das gleiche Programm hatten wie wir, sodass wir den Nationalpark gemeinsam besuchten. Mit dem Bus ging’s dann nochmal 12km bis zum Anfang des 1.2km langen Weges entlang der Wasserfälle. Schon nach den ersten 30m Dschungel erhascht man den ersten Blick auf die Wasserfälle – und bekommt seinen Mund nicht mehr zu. Die Wasserfälle sind nicht nur 2.700m breit und damit unglaublich eindrucksvoll. Vor allem sehen sie so perfekt aus, als wären sie nicht natürlich, sondern künstlich geschaffen. Über die Abbruchkante, wo das Wasser wie riesige weiße Fäden hinabstürzt, hängt das grüne Gras, Moos und drum herum steht der Regenwald. Abgefahren!


Entlang des Wanderwegs durch den Dschungel bekamen wir immer neue Anblicke der Wasserfälle bis wir zum Schluss vor der sogenannten Teufelskehle standen, wo man auf einem Pfad ein gutes Stück in die Mitte der in einem Halbkreis hinabstürzenden Wasserfälle kann. Und dabei nebenbei ziemlich nass wird von dem ganzen Sprühnebel, der durch die tosenden Wasserfälle entsteht. Wie wir dort zwischen all den Touristen standen, Fotos knipsten, danach die Linse vom Wasser befreiten, uns über unsere mitgebrachten Regenjacken freuten und dann wieder auf die Wasserfälle starrten, blieb uns die Spucke weg und fehlten uns die Worte.

Zurück zum Bus, der uns zum Parkausgang bringen sollte, bekamen wir dann noch unsere ersten Nasenbären zu sehen. Auch wenn sie total ulkig aussehen und mit ihren Nasen rümpfen als wären sie Schweine, sind die Tiere nicht ohne und beißen schon mal zu – kein Spaß wenn man bedenkt dass der ein oder andere Tollwut hat. Als wir dann noch Zeuge davon wurden wie die frechen Dinger sich auf alles Raschelnde, wie zum Beispiel Plastiktüten, stürzten in der Hoffnung was Essbares zu erhaschen, hielten wir unsere knurrenden Mägen hin bis wir in sicherer Umgebung unser mitgebrachtes Brot essen konnten.

Papageien und Tukane im Vogelpark
Danach überwindeten wir die einsetzende Nachmittagsmüdigkeit mit einem Besuch des Vogelparks, der direkt neben dem Nationalpark liegt. Auch das war ja nicht gerade der erste Vogelpark auf unserer Reise aber sicherlich der Eindrücklichste. Hier gab es zig Arten von bunten Papageien, anderen wirklich ungewohnt bunten und lustig aussehenden Vögeln, deren Namen wir schon wieder vergessen haben, und vor allem Tukane, von denen wir noch nie welche gesehen haben. Das Tolle am Vogelpark ist, man kann zum Teil direkt in die Vogelgehege rein gehen. Hat den Nachteil, das einem die Vögel auf den Kopf scheißen können, aber den Vorteil, dass man zum Beispiel in 20cm Nähe zu einem Tukan stehen und ihn mal ganz aus der Nähe betrachten kann. Wir beide waren total fasziniert von deren Schnäbeln, die zum Teil aussehen, als wären sie Plastik und eine unglaubliche Farbmischung aus rot, orange und gelb haben. Abgefahren!
Daneben gibt es heimische Tiere wie Kaimane, eine Anakonda, Boa, Schildkröten und Vogelspinnen (die verdammt noch mal noch größer waren als alle, die wir zuvor schon live gesehen haben). Umgehauen hat uns dann nochmal das Gehege mit den Schmetterlingen und Kolibris. Auch da kann man rein und wird von bunten Schmetterlingen umschwirrt, die so groß sind wie eine Untertasse! Wir dachten wir sehen nicht richtig!


Tag 2: die argentinische Seite fürs Detail
Schmetterlinge sollten uns dann auch nochmal auf der argentinischen Seite zuhauf umschwirren. So viel, dass es fast schon nervig wurde, wenn ein halber Schwarm um einen rum flog und sich vor allem auf Bidus Kopf niederließen (muss wohl am Shampoo liegen). Die argentinische Seite stand dann am nächsten Tag auf dem Programm. Um uns sämtliche Erschwernisse zu ersparen, nahmen wir einen privaten Shuttle-Transport und wurden von unserer Fahrerin Liliana mit dem Auto über die Grenze verschafft. Damit kann man die Kontrollen vereinfachen, anders als alle anderen Kontrollen in Südamerika hält man mit dem Auto direkt am jeweiligen Grenzposten und bekommt dort einfach den Stempel in den Pass. Das Ganze dauert trotzdem beinahe eine Stunde und im argentinischen Park angekommen hat man dann noch jede Menge Fußweg vor sich bevor man die Fälle zu sehen bekommt.


Auch in Argentinien gibt es ein Besucherzentrum, aber leider keinen Bus, der einen fährt. Stattdessen jede Menge Fußweg und für das letzte wirklich lange Stück kann man dann einen Zug nehmen, der mich doch sehr stark an die Bimmelbahn im Europapark erinnerte. Es gibt vier Wanderwege, den ersten mit 600m mitten durch die Büsche bis zur zweiten Haltestelle des Zugs, den oberen Rundweg, der einem erste gute Ausblicke auf die Wasserfälle verschafft und wo es morgens so voll war, dass man ständig Leuten ausweichen musste. Dann den unteren Rundweg, der mit 1.600m so lang war, dass weniger Leute ihn liefen (zum Glück), aber der meiner Meinung nach die tollsten Ausblicke hatte. An seinem Ende konnte man mit einem Boot auf die Insel San Martin übersetzen und dort noch weitere Wanderwege laufen und tolle Ausblicke haben, aber das hab ich Bidu dann lieber alleine machen lassen um mir meine Kräfte zu sparen für den Abschluss des Tages, immerhin nochmal 2.200m zum Laufen.

Zum Start des Pfades, der wie große Stücke der anderen Wanderwege ganz auf Metallpfeilern gebaut war, ging es mit dem Europapark Bimmelzug. Dann ging es immer über’s Wasser und das auf 1.100m stellt euch das mal vor. Der Fluss hier ist ja mehrere Kilometer breit, also auch das ist doch irgendwie ziemlich schwer vorstellbar, wenn man’s nicht selbst sieht. Wir waren baff. Aber noch sprachloser als wir vor der Teufelskehle standen, dieses Mal von oben. Der Fluss, fließt relativ gemächlich und plötzlich ist da ein klaffendes Loch, wo Massen von Wasser hinabstürzen. Wie schon an den Niagarafällen bekommt man das Gefühl das Wasser ist richtig dick, weil es meterbreit über die Kante fällt. Ehrlich, dieser Anblick ist geradezu beängstigend. So viel Naturgewalt bekommt man ganz selten zu spüren. Also was vergleichbares, wo man sich ähnlich machtlos spürt, war für uns nur die fließende Lava auf Big Island, Hawaii.

Eine zusätzliche kostenpflichtige Bootsfahrt auf dem Fluss haben wir uns dann erspart, auch weil man im Gegensatz zu den Niagarafällen nicht direkt vor die Teufelskehle fahren kann. Vielmehr werden die Leute mit ganz schön gefährlich aussehenden Jetbooten mehrmals beinahe unter zwei der Kleinsten Wasserfälle gefahren, damit sie auch richtig schön nass werden. Sah fast schon lächerlich aus und wir waren froh, dass wir die Fahrt vor die Niagarafälle gemacht haben, sodass wir uns sowas ersparen konnten.

Als wir dann langsam unseren Weg zurück zum Parkausgang machten, waren wir erstaunt wie schnell eigentlich 7 Stunden vorbei sein können und mussten die vielen Eindrücke, auch vom Vortag, erst mal verdauen. Ob es sich gelohnt hat, 4 Stunden von Lima hierher auf die andere Seite des Kontinents zu fliegen? Und ob! Ich muss ehrlich zugeben, die Wasserfälle von Iguazu sind mein absolutes Südamerika-Highlight und ein Muss auf jedem Reiseplan für diesen Kontinent!

Tag 3: Paraguay, Itaipu oder doch lieber faulenzen?
Den letzten Tag hier in Iguazu haben wir dann überlegt, ob wir uns noch den zweitgrößten Staudamm der Welt und das größte Wasserkraftwerk der Welt, Itaipu, ansehen sollen. Hier warten die Superlative auf: zum Beispiel wurde so viel Beton verbaut, wie man für ein zweispurige Autobahn von Moskau nach Lissabon benötigen würde! Doch ich muss ehrlich sagen, angesichts der Umweltschäden wie der Zerstörung von beinahe 1000 km² Regenwald, der Umsiedlung von 40.000 Guarani-Indianern, Vertreibung der Tiere wie Papageien, Tukane, Pumas und Jaguare und der Überflutung von Wasserfällen, die in ihrer Größe wohl an die Iguazufälle herankamen plus der Aussicht auf eine propagandastarke Führung durch das Werk von seiner PR-Abteilung, wo eben diese Schäden unerwähnt bleiben, war ich wenig erpicht darauf. Außerdem wollte ich mit Iguazu die wunderschönen Wasserfälle in Verbindung bringen und nicht so einen hässlichen Staudamm.


Kurz haben wir überlegt über die Brücke nach Paraguay zu gehen. Schließlich konnten wir von unserem Hostel aus direkt nach drüben schauen. Aber auch hier waren die Aussichten nicht gerade prickelnd: Ciudad del Este ist eine wuselige 400.000 Einwohnerstadt, die gefährlichste im ganzen Land Paraguay und der wahrscheinlich größte Basar Südamerikas, wo von A wie Aschenbecher bis Z wie Zahnbürste alles verkauft wird, Fälschungen wie Echtes und natürlich auch Drogen und Waffen. Deshalb sollte man in Foz do Iguacu auch nicht am Fluss entlang laufen, weil natürlich gerade letzteres lieber illegal über den Fluss mit Booten kommt. Böse Zungen behaupten außerdem, dass den Touristen das gerade Gekaufte auf dem Weg zurück nach Brasilien oft direkt wieder abgenommen spricht beraubt wird.
So haben wir den letzten Tag, einem Sonntag dann lieber im Hostel relaxt, uns von der Hängematte auf den Liegestuhl und zurück bewegt und dazwischen mit den brasilianischen Hostelangestellten und zwei Engländern den Grill angeschmissen und ein brasilianisches Barbecue gemacht, was wohl Sonntags Tradition bei vielen Brasilianer ist.


Unser Fazit