Lest hier von unserer Fahrt in den Dschungel, wie wir uns fühlten wie Indiana Jones, auf Tuchfühlung gingen mit der Maya Bevölkerung und wie mich ein Insektenstich, der sich dank Fehldiagnose zu einem heftigen Abszess entwickelte, seither in Mérida lahm legt.
Ab ins Landesinnere: die Ruinen von Coba im Dschungel
Nach einem letzten Strand- und Karibiksandbad verließen wir schweren Herzens Tulum. Leider hat mich während einem unserer Strandbesuche wohl ein Insekt in den hinteren Oberschenkel gestochen und nachdem der Stich immer größer und schmerzhafter wurde, sind wir zum Arzt. Um ein Vermögen ärmer (die haben uns ganz schön abgezockt!) und eine Spritze in den Hintern reicher und einer Packung Antihistamine gegen die allergische Reaktion sollte es in den nächsten Tagen besser werden. Doch bereits am Tage unserer Weiterreise nach Coba merkte ich, dass da etwas nicht stimmen konnte.
So kamen wir in Coba an, das 40km von der Küste entfernt im Dschungel liegt und als Hauptattraktion eine nur spärlich ausgegrabene Mayastadt und einen See voller Krokodile hat. Dabei haben wir dann festgestellt, dass Bidu seinen Pass vom Hostel in Tulum nicht zurückbekommen hat, den wir als Sicherheit hinterlegen mussten. Das bedeutete dann noch mal den ganzen Weg (MIT DEM BUS) zurückfahren, denn ohne Pass geht nix. Doch vorher wollten wir uns wenigstens die Ruinen ansehen, wegen derer wir gekommen waren. Wir hatten uns mit den letzten 2 verbleibenden Bussen, die an diesem Tag fahren sollten, einen Plan gemacht womit das alles hinhauen sollte. Damit hatten wir dann trotzdem noch 2-3 Stunden für die Ruinen, die wir nicht mal ganz gebraucht haben. Zum einen war es megaheiß (was hätten wir nur ohne die vielen schattenspendenden Bäume gemacht?) und zum anderen sind die Ruinen auf so einem weitläufigen Areal verteilt, dass wir uns die hinterletzten Ecken erspart und aufs Wesentliche konzentriert haben, was auch schon an die 5-6km Lauferei bedeutete, denn an Radfahren war mit dem Ding am Oberschenkel nicht zu denken.
Trotzdem hat die Puste noch gereicht, um die 42m hohe Pyramide zu erklettern – und das bei über 30 Grad und auf der Pyramide gab es natürlich keinen Schatten. :-) Bereits beim Hochklettern (ohne Geländer versteht sich) dachten wir uns „oh, oh… wie das wohl beim Runterkommen wird?!“ und bei jeder Atempause (brauchten wir echt!) dachte ich „jetzt bloß nicht runter schauen“. Oben angekommen waren wir baff. Wir kamen ja mit dem Bus an und hätten es uns denken können, aber erst auf der Pyramide stellten wir fest wie tief wir eigentlich im Dschungel waren, denn um uns rum war kilometerweit nur Urwald! Überhaupt sind die ganzen Ruinen in Coba vom Urwald dominiert und nur ein Bruchteil der alten Maya-Stadt ist ausgegraben – wir fühlten uns als wären wir Indiana Jones! Doch auch der hätte wieder von der Pyramide runter gemusst und da gerade keine Zipp-Line gespannt war, nahmen wir die Treppen in Angriff. Agenten wie wir sind, haben wir in einem Reiseführer gelesen wie man das sogar fachmännisch machen kann, trittsicher und ohne größere Unfälle unten ankommt und sich dann über die Touristen amüsieren kann, die auf allen Vieren runter kriechen. :-)
Auf Tuchfühlung mit der Maya Bevölkerung
Während ich mich also von den Strapazen erholte und meine mittlerweile Entzündung am Oberschenkel beobachtete, fuhr Bidu noch einmal die Strecke nach Tulum, um seinen Pass abzuholen. Übernachtet haben wir in der günstigsten Herberge der Stadt, das ich guten Gewissens als größtes Loch bezeichnen kann, in dem ich je geschlafen habe. So was abgefucktes und versifftes hab ich in meinem Leben noch nie gesehen. Nicht dass ich wissen würde, wie es in deutschen Gefängnissen aussieht, aber ich stelle mir vor, dagegen ist jede deutsche Gefängniszelle ein Luxushotelzimmer. Die Eingangstür hatte handgroße Löcher, die Betten bestanden aus Matratzen und erst hatten wir gar kein Wasser, dann nur kaltes, keine Klobrille und die Wände waren sowas von dreckig, ich wollte sie gar nicht anfassen. Aber alles Beschweren wurde in dem Moment relativiert als wir die Familie, der die Herberge gehörte, hinter dem Haus auf dem Boden um die Feuerstelle sitzend beim Kochen antrafen.
Hier auf dem Land in Mexiko in den Maya Dörfern geht es nämlich noch mal etwas anders zu. Gerade in Coba, wo die ganzen Touristen nur tagsüber kommen, und wenn sie übernachten, dann natürlich nur im Club Med (= einziges) Hotel im Ort und das machen sicher die allerwenigsten. So bleibt den Einwohnern natürlich nicht viel von dem, was die Touristen liegen lassen, dabei brauchen sie das Geld halt schon. Wir wollten unseren Beitrag leisten und bei Einheimischen übernachten und essen gehen und dabei natürlich auch ein wenig tiefer in das Leben der Maya schauen. Essen gehen wurde alleine deshalb interessant, weil wir für die Kleinkinder des Ortes wohl sowas wie die Hauptattraktion waren. Zumal wir den ganzen Ort abliefen und wo tagsüber noch ein Essenstand neben dem anderen war, waren abends ganze zwei offen. Wir entschieden uns deshalb in dem einen essen zu gehen und in dem anderen ein Bier zu trinken.
Da ich bereits in der Nacht und morgens vor Schmerzen nicht mehr schlafen konnte, beschlossen wir direkt ohne Frühstück den nächsten Bus in den nächstgrößeren Ort, Valladolid, zu fahren. Zwar hatten wir immer noch keine Krokodile gesehen, aber dafür hatte ich wirklich keinen Nerv mehr. Die hab ich für die Busfahrt gebraucht. Der erste Bus war nämlich ein sogenannter zweite Klasse Bus, also günstiger, älter, ohne Toilette, voll besetzt mit ländlicher Maya Bevölkerung, und runter gekühlt wie ein Eisfach. Ein Glück stoppen diese Busse alle paar Kilometer, so wurden wenigstens die letzten 2 Plätze für uns frei und wir mussten so nicht noch eine Stunde stehen!
Valladolid- oder unsere ersten Erfahrungen mit dem mexikanischen Gesundheitssystem
Valladolid hat immerhin 50.000 Einwohner und dort musste ja wohl irgendwo ein Arzt aufzutreiben sein, denn die erste Ärztin, die zwar super Englisch sprach, verstand offensichtlich nix von Medizin, nur so lässt sich ihre Falsche Diagnose deuten. Nach Valladolid wären wir ja ohnehin gefahren, denn wir hatten den Ort von einem Schwedischen Pärchen, das wir auf Aitutaki kennengelernt haben, als ein herziges kleines Kolonialstädchen mit bunten und schönen Häusern empfohlen bekommen. Und das war es auch. Über das Internet haben wir ein Zimmer im Hostel an der schönsten Straße bekommen. Allerdings entpuppte sich das dann bei der Ankunft nicht als Zimmer, sondern als sogenanntes „Palapa“, also eine in der traditionellen Maya Art gebaute Hütte – wären wir nie drauf gekommen, das Hostel lag ja mitten in der Stadt. Wir nahmen es hin, schließlich muss man auch das mal mitgemacht haben und unerwarteter weise wurden wir nicht mal von Insekten bedrängt (die Hütten sind ja nicht dicht und die Dächer mit Palmenblättern gedeckt).
Nach einem kurzen Marsch zum Markt, wo die Einheimischen kaufen und verkaufen, war ich am Ende und wir nahmen das nächste Taxi ins Krankenhaus, das uns im Lonely Planet Reiseführer empfohlen wurde. Ehrlich gesagt war ich schon von außen mehr als skeptisch, aber der Schmerz war zu groß. Drinnen wurden wir von einem Pfleger empfangen, der uns in ein Zimmer mitnahm, dass vor Dreck stand, wo die mexikanische Ärztin, die 5 Worte Englisch sprach, meine Entzündung, von der mittlerweile selbst ich sehen konnte, dass es sich um einen Abszess handelte, ansah, nicht gerade fachmännisch ein bisschen aufdrückte, nicht mal einen Verband darüber machte, und mir dann 5 Injektionen verschrieb, die mir Beat setzen sollte, damit der Abszess von alleine abheilt. Ich sagte ihr das käme nicht in Frage und dass ich richtiges Antibiotikum haben wolle. Sie meinte, das würde nicht so helfen, aber sie schreibt es mir trotzdem auf. Hier übertrafen sich dann leider ihre Englischkenntnisse, denn sie schrieb das ganze Rezept auf Spanisch und dann "one week" auf Englisch. Auf die Frage, was wir denn jetzt bezahlen müssten, nahm uns der unsympathische Pfleger, der die ganze Zeit schon schlechte Witze riss, mit in ein Zimmer, sagte das kostet 50 Pesos (ca. 3 Euro). Ich gab ihm einen 100er, daraufhin holte er seine eigene Geldbörse raus und gab mir 50 zurück. Was für ein Gauner! Das offensichtliche Armenkrankenhaus wäre umsonst gewesen. Ich hab ja noch nie ein deutsches Schlachthaus von innen gesehen, aber ich vermute darin ginge es 50 mal hygienischer zu als in diesem Krankenhaus. Die armen Menschen hier!
Im Hostel ging ich dann erst mal ins Internet und checkte, was mir die Ärztin da verschrieben hatte. Bei dem Zeug zum injizieren handelte es sich um ein Antibiotikum gegen eine Sepsis, also Blutvergiftung oder bei lebensgefährlichen Infektionen, wenn man im Krankenhaus liegt. Die spinnt ja wohl! Bidu hat mir dann das Antibiotikum in Tablettenform geholt, kam aber nur mit einer Packung zurück, die für gerade mal 4 Tage reicht, dabei sollte ich das Zeug ja für eine ganze Woche nehmen. Die Dame in der Apotheke wollte ihm aber partout keine zweite Packung mitgeben, sondern meinte das müsse reichen! Ich hab mich aufgeregt, deshalb sind wir dann am nächsten Tag noch mal hin und haben dieses Mal mit dem Apotheker auf Spanisch diskutiert. (Gott sei Dank hab ich zuhause ein Wörterbuch, das ich nur die letzten 7 Monate durch englischsprachige Länder geschleppt habe, eingepackt!) Meine Vermutung war richtig. Der gute Mann wusste nicht dass „Week“ semana also Woche auf Spanisch heißt und als wir ihm das glaubhaft vermittelt haben, lief er schnell zur Nachbarsapotheke, ließ uns einfach allein in seinem Laden sitzen und kam nach 10 Minuten mit der zweiten Schachtel Antibiotikum in die mittlerweile mit vielen anderen Kunden gefüllte Apotheke zurück. Was für eine Nummer!
Unter den immer noch starken Schmerzen wollte ich es mir trotzdem nicht nehmen lassen, den ehemaligen Franziskanerkonvent der Stadt zu besichtigen. Dabei lernte ich Marcellino kennen, der dort als Wächter arbeitet aber ein gutes Wissen über den Konvent hat und mir das sogar geduldig auf Spanisch in der zugehörigen Kirche näher brachte. Ich bin fast schon stolz wie gut ich manches schon verstehe hier, aber das mit dem Selber Sprechen ist noch so eine Sache. (Höre mich wahrscheinlich an wie ein Türke in Deutschland – nicht böse gemeint, nur Klischee halt) :-) Die Nacht im Palapa war kurz und schlecht, denn wie soll man denn liegen mit einem Abszess am Oberschenkel? Unser Plan sah vor, dass wir den nächsten Bus nach Chitzen Itza nehmen, UNESCO Weltkulturerbe und eine der größten ausgegrabenen Mayastätten Mexikos. Nach der Erfahrung mit Valladolid, dass gegen Chitzen Itza eine richtige Stadt mit 50.000 Einwohnern war, zog ich es aber vor endlich ärztliche Versorgung zu bekommen. Das muss doch in Mexiko zu finden sein, Mensch! Deshalb fuhren wir an Chitzen Itza vorbei nach Mérida, mit knapp einer Million Einwohnern kulturelles Zentrum der Halbinsel Yukatan.
Mérida – endlich ärztliche Versorgung - da werden sie geholfen!
Nach 3 Stunden Quälerei (sitzen kann ich ja auch nicht) am Busbahnhof angekommen, wussten wir ja noch nicht wo schlafen, da wir uns so spontan entschieden hatten nach Mérida durchzufahren. Und in so einer 1 Mio. Stadt gibt es verdammt viele Hostels. Allerdings habe ich mir schon ein paar Tage zuvor eins ausgeguckt, von dem wir nur den Namen wussten. Deshalb fragten wir dann in voller Montur am Busbahnhof ein paar Taxifahrer wo das sei. Einer wusste es. Da er aber partout nicht erklären wollte, wo das ist, denn er wollte ja auch sein Geschäft machen, liefen wir mal aus dem Gebäude raus. Erster Eindruck Massen von uniformierter Polizei und bereits im Bus war uns aufgefallen, dass die Straßen komplett leer waren. Hoppla! Haben wir da was verpasst und hier geht gerade irgendwas Drogenkriegmässiges ab, von dem wir nix wissen? Derart verunsichert wollten wir nicht planlos durch die Stadt laufen und entschlossen uns dann nochmal zurückzugehen und den wissenden Taxifahrer zu finden. Er war noch da, wir fragten nach dem Preis, „40 Pesos“ (2,50 Euro), was viel ist, aber was sollten wir tun. Wir hatten ja keine Ahnung wohin. Ich hab's mir fast noch gedacht. Der Taxifahrer fuhr einmal um den Block und voila – wir standen vorm Hostel.
Wenigstens das ist eine Wohltat! Es gehört Jan aus Belgien und seiner mexikanischen Frau Linda und wir fühlen uns hier gut aufgehoben. Für 9 Euro pro Nacht gibt es heißes Wasser, ein eigenes Bad, ein richtiges sauberes Zimmer und das beste Frühstück unserer bisherigen Weltreise! Genau das richtige um sich auszukurieren. Denn außer Kultur haben sie hier tatsächlich auch (gute) Krankenhäuser und da sind wir noch am Abend hingefahren. Doktor Alejandro hat mich gleich operiert und weil das so schön war am nächsten Tag noch mal. Es war wohl höchste Eisenbahn das ganze fachmännisch behandeln zu lassen oder besser gesagt jemanden zu finden, der das auch kann! Englisch kann er auch nicht – muss er ja aber auch nicht, Hauptsache er kann Medizin!
Leider bedeutet das auch, dass ich (bei 35 Grad!!!) seit 4 Tagen hier im Zimmer (OHNE Klimaanlage) fest sitze, denn Doktor Alejandro hat mir verboten zu laufen, weil die Wunde nicht genäht werden kann. Ich muss immer noch jeden Tag hin, um sie behandeln zu lassen. So hab ich von der schönen Stadt Mérida noch nichts gesehen, außer den Taxifahrten zwischen Hostel und Krankenhaus, aber wir können immerhin den Taxifahrern mittlerweile deutlich machen, wenn es mal wieder einer probiert die extra Strecke zu fahren um das extra Geld zu machen (wie ist nur möglich eine Preisspanne von 26 bis 45 Pesos zu haben??). Aber es gibt auch ehrliche Häute, die fahren direkt. Fast alle Taxifahrer haben übrigens ein Bildchen vom Jesus auf dem Armaturenbrett. Lustig ist das dann, wenn unten drunter das Prospekt von der Strippbar mit barbusigen Mädels liegt. Hier sind eben alle ein bisschen heuchlerisch katholisch.
Ich hab ja schon in Neuseeland mit den Sandfliegen gekämpft, aber dass sich ein kleiner Insektenstich zu einem mandarinengroßen Abszess entwickeln kann, hätte ich auch nicht gedacht. Zum Glück haben wir bisher weiter nix gebucht Richtung Südamerika und uns gegen den Guatemaltekischen Dschungel entschieden! Mittlerweile bin ich ganz gut im Sitzen/Liegen/Stehen auf einem Bein und die Schmerzen sind präsent aber zu ertragen, allerdings fällt mir langsam im Zimmer die Decke auf den Kopf und es nervt einfach, so lahmgelegt zu sein und jeden Tag ins Krankenhaus zu müssen. Wenigstens operiert der Arzt seit gestern nicht mehr, was mir wenigstens die Betäubungsspritze und widerliche Vorstellungen, von dem was er da an mir rumschnippelt, erspart und ich muss nur seine Säuberungen unter Betäubtungs- oder Habanero-Spray, wie er es nennt, ertragen.
Der Preis für seine Behandlungen ist übrigens ein Bruchteil der Kosten in Tulum. Erst jetzt realisieren wir dass die uns ganz schön abgezockt haben und dann auch noch falsch diagnostiziert. Ich sollte die verklagen! Allerdings hat sich Bidu jetzt auch noch irgendwo eine Hautinfektion zugezogen, damit lohnen sich aber wenigstens die Fahrten zum Krankenhaus und da er gleich ärztliche Behandlung bekommen hat, hoffen wir es wird nicht so schlimm bei ihm. Ich hoffe auch unsere Reise geht bald wieder weiter (meine Motivation hält sich allerdings gerade in Grenzen) und wir können euch wieder Gutes berichten!
Unser Fazit: